Haushaltsrede zum Doppelhaushalt 2019/2020

Redner:
Thomas H. Hock, Stadtrat, stv. Fraktionsvorsitzender der Freien Demokraten – FDP

„Die Zukunft hat viele Namen: Für die Schwachen ist sie das Unerreichbare; für die Furchtsamen ist sie das Unbekannte; für die Tapferen ist sie die Chance“

— Victor Hugo (1802-1885), französischer Schriftsteller

– es gilt das gesprochene Wort –

Sehr geehrte Damen und Herren,
sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, Kolleginnen und Kollegen,
sehr verehrte Bürgerinnen und Bürger,
liebe Vertreterinnen und Vertreter der Medien,

auch bei diesem Haushalt stellt sich die Frage der Zukunft der Stadt Karlsruhe. Eine Debatte, in welcher Gesellschaft wir leben wollen, wie wir diese gestalten wollen und wie verantwortungsvoll wir mit den Geldern der Bürgerinnen und Bürgern umgehen, ist unausweichlich und Basis des demokratischen Zusammenlebens. Populismus, Sonntagsreden und Sommerlochpropaganda haben dabei nichts zu suchen.

Lassen Sie uns als Koalition der Mutigen mit Vernunft und kühlem Kopf die Zukunft anpacken. Lieber Herr Oberbürgermeister, meine Fraktion kritisierte 2016, Ihre damalige Rede zeige keine Visionen auf. Wir hatten die Hoffnung, in diesem Jahr welche zu finden. Wieder Fehlanzeige; zwar benutzten Sie in der Rede 43 Mal das Wort Zukunft, aber nie in Verbindung mit einer klaren Vision. Die einzige Vision, die Sie uns für die Zukunft präsentierten, waren freudige Kinder in den Wasserspielen auf dem Marktplatz… übrigens in jenen Wasserspielen, die die CDU nicht mittragen und die Sie, Herr Oberbürgermeister damals noch nicht befürworten wollten. Ja, schauen Sie ruhig mal in das Protokoll. Sei es drum, ich bin froh, dass wir diese Wasserspiele bekommen und, dass damit Ihre einzige Vision für die Zukunft erhalten bleiben kann.3

Zoomen wir unsere Betrachtung ein wenig raus aus dem Marktplatz, so stoßen wir auf ein von der FDP-Fraktion seit Jahren (bald Jahrzehnten!) angesprochenes Thema: „Wohnen in der Innenstadt“ – sehr geehrter Dr. Mentrup, an dieser Stelle war ich dann doch irritiert. In Ihrer Rede sagten Sie, man benötige natürlich ein weiteres Gebäude für das Rathaus in der Innenstadt… Dass Sie diesen Satz mit einem Lächeln auf den Lippen aussprachen, interpretiere ich als klare Aufforderung an die FDP, sich hierzu zu melden – gerne: in dieser Diktion werden wir das nicht mittragen. Wenn es darum geht – wie in der Sanierungsatzung Innenstadt-Ost vorgesehen – ein historisches Gebäude für die Öffentlichkeit und auch teilweise für die Stadtverwaltung zu nutzen, dann mag das angehen. Aber: dann müssen im Gegenzug endlich die für die Verwaltung fehlgenutzten Wohngebäude wieder ihrem eigentlichen Zweck zugeführt werden und es muss ernsthaft darüber nachgedacht werden, Behörden zu verlagern – das gilt übrigens auch für Landesbehörden. Dazu hören wir von Ihnen kein Wort. Was haben wir in den letzten Monaten nicht alles getan, um nach Wohnraum zu suchen! Ich erinnere nur kurz an die Debatte um die Kleingärten in unserer Stadt. Aber, haben Sie einen einzigen Vorschlag der FDP-Fraktion mal ernsthaft prüfen lassen? Ich denke nicht, denn „Behördenzentrum außerhalb der City“ oder „Überbauung von Parkplätzen“ fristen ein dunkles Dasein in den Rathausschubladen. Wo ist ihr Streben, neuen Wohnraum in Karlsruhe zu schaffen, geblieben?

Wohnen ist immer noch kein Grundrecht in diesem Land, aber es den Bürgerinnen und Bürgern zu erschweren, das haben die Eltern unseres Grundgesetzes sich wohl auch nicht vorgestellt. Herr Oberbürgermeister, ich darf Sie an einen Satz aus Ihrer Rede von 2016 erinnern: „Der Trend geht verstärkt zum Wohnen in der Innenstadt“. Bleiben Sie bitte bei dieser Überzeugung von 2016. Für die Verwaltung wäre eine Innenstadtrandlage – wohlgemerkt nicht die „Grüne Wiese“ oder der Stadtrand – problemlos machbar. Und wenn am Kronenplatz keine Bibliothek hinpassen sollte, was wir ohnehin kritisch sehen, warum dann dort nicht auch über Wohnen nachdenken? Weshalb gängeln wir bauplanungsrechtlich das Wohnen im Zentrum unserer Stadt, wo es seit ihrer Gründung platziert war? Vielleicht könnten wir ja das Instrument „Urbane Gebiete“ mehr nutzen, um mehr als nur 20% Wohnen dort zuzulassen. Unsere Innenstädte sind im Wandel, im besonderen Maße gilt dies zum Beispiel für die Westliche und Östliche Kaiserstraße. Wenn schon die starke Vision für die Zukunft fehlt, so bleiben Sie doch bei den guten Überzeugungen der Vergangenheit. Für die Verwaltung wäre eine Cityrandlage problemlos machbar, für die Innenstadt würde mehr Wohnraum auch mehr soziale Kontrolle bedeuten. Im Zuge der Entwicklung „Innenstadt Ost“ wäre es nun an der Verwaltung, eigene Flächen frei zu geben, nicht neue hinzuzufügen!

Beim Thema Wohnraum ist die sogenannte Nachverdichtung in den Fokus und in die Diskussion gerückt. Mit unserem scheidenden Baubürgermeister will aber auch ich hier lieber von „städtebaulicher Qualifizierung“ reden. Denn: die erkennbar gewachsene Aufmerksamkeit der Karlsruher Stadtgesellschaft macht deutlich, dass dieses Thema eines intensiven Diskurses bedarf. Diese Verantwortung dürfen wir nicht aus der Hand geben, um nicht Vertrauen zu verspielen. Hier bewegen wir uns zwischen den Polen rechtlicher Beurteilung und politischer Gestaltung, die nicht leicht zu justieren sind.

Auf der einen Seite sollten wir Nachverdichtungen bevorzugt entlang von Straßen, von vorhandenen Erschließungsstrukturen ausbilden – wohlwissend, dass auch dies bei einem Teil der Bevölkerung auf Ablehnung stößt. Aber in bestehende Baustrukturen hinein zu bauen – gerade auch im Innern der Blöcke – ist ein äußerst sensibles Instrument, weil dies jeweils in das unmittelbare Lebensumfeld der Menschen eingreift. Die Wohnquartiere, mit denen die Menschen ein Leben lang verwachsen sind, bilden einen Kern ihres Lebensgefühls und damit einen Kern ihrer Identität und der Identität „ihrer“ Stadt. Deshalb sollten wir einerseits Abwehrhaltungen nicht leichtfertig als puren Eigennutz abtun, anderseits aber auch nicht jede Abwehr politisch überhöhen.

Legen wir unseren Fokus kurz auf das Rathaus: Bürgerfeindlich hat dieser Rat das Bürgerbüro im Rathaus geschlossen; weitere werden folgen. Das sogenannte digitale Bürgerbüro soll übernehmen. An dieser Stelle, Herr Dr. Käuflein, nochmals der deutliche Einwand: die Nebelkerze von Digitalisierung und Fortschritt, die Sie bei diesem Vorgang abbrennen, ist eine Geringschätzung der Akteure auf diesem Sektor. Derzeit sind wir nicht „Motor der Digitalisierung“, sondern allenfalls ein Rücklicht. Bevor wir den Bürgerinnen und Bürgern den Service des Bürgerbüros nehmen, hätten wir mit der modernen Verwaltung starten müssen und Vorbild sein; nun eben anders herum. Bei der Umsetzung bittet die FDP darum, Konzepte mit Fingerspitzengefühl zu erstellen. Bei dem digitalen Bürgerbüro wurden einige Seniorinnen und Senioren genauso abgehängt, wie einige Menschen mit Behinderungen, die der Barrierefreiheit im Rathaus bedurft hätten; das darf nicht wieder passieren. Wir begrüßen die diversen interdisziplinären Prozesse der Planung, oder wie von der Verwaltung vorgegeben, IQ-Prozesse. Es muss aber auch bald für die Bürgerinnen und Bürger spürbar werden, dass diese Prozesse der öffentlichen Effizienz dienen.

Verweilen wir mit unserem Blick noch einen Moment am Marktplatz. Zur Freude der FDP-Fraktion wurde ein lang gehegter Wunsch von uns nun umgesetzt: die Touristeninformation kehrt an den Marktplatz zurück. Sehr geehrter Dr. Mentrup, vielen Dank! Wir würden uns wünschen, die Öffnungszeiten dieser Tourist-Info am Wochenende zu analysieren. Derzeit öffnen wir saisonal in den Sommermonaten auch sonntags. Allerdings hat sich z.B. unser Christkindlesmarkt im Winter auch zu einer veritablen Attraktion entwickelt, so dass Touristen bestimmt auch in der Wintersaison eine Nutzung der Tourist-Info am Sonntag begrüßen würden. Touristen, vor allem die internationalen, sind ebenfalls seit langem im Fokus der FDP.

So forderten wir bereits mehrfach in diesem Rat eine Internationalisierungsstrategie. Unser ehemaliger Kollege Herr Dr. Fischer ist nun in Amt und Würden als Leiter der Stabsstelle „Außenbeziehungen und strategisches Marketing“ und wird uns bestimmt bald ein entsprechendes Konzept vorstellen. Wir freuen uns auf diesen Prozess und hoffen, dass unser überparteilich getragener Vorschlag der „Stadtbotschafter“, darin wieder aufgegriffen wird – übrigens auch ein Baustein, um die Stadt als attraktive Arbeitgeberin am Markt zu halten. Beziehen Sie die jetzigen Studierenden in ein Botschafterkonzept mit ein. Nutzen Sie die Standortvorteile der Wissenschaftsstadt Karlsruhe und generieren Sie Synergieeffekte zwischen Kultur, Sport und Wissenschaft zum Nutzen von Wirtschaft und Tourismus. Es ist für Karlsruhe notwendig, sich touristisch international zu verkaufen. Die Übernachtungen steigen, der Städtetourismus nimmt zu und wir drohen den Anschluss daran zu verpassen – bedauerlich, dass wir es nach bald zwei Jahrzehnten immer noch nicht schaffen, zumindest für den Bereich der Wohnmobiltouristen einen Ort zu schaffen; lieber Kollege Pfalzgraf, fast hätte ich gesagt, wie schön, wenn wir das noch erleben dürften.

Tourismus und Internationalisierung sind ebenfalls Bausteine bei der großen Frage der Integration. Eine Stadt, gebaut von Zuwanderern, gestaltet von Zuwanderern und getragen von Zuwanderern darf nicht heute zur Stadt von Ausgrenzung und Diskriminierung werden. Für uns kommt es nicht darauf an, woher jemand kommt, sondern was er erreichen will. Egal, ob er aus Baden, Bayern, Bahrain, Bangladesh oder – ja, das aus meinem Munde! – oder Schwaben stammt – willkommen ist jeder, der für sich, für seine Familie, für die Stadt oder für Deutschland einen positiven Beitrag erbringen möchte und sich an die Regeln eines geordneten und friedlichen Zusammenlebens hält. Für gelungene Integration in die Stadtgesellschaft ist zunächst einmal jeder Einzelne selbst verantwortlich. Weil Integration eine große Aufgabe für die Zukunft ist, liegt es im öffentlichen Interesse, sie von städtischer Seite zu fördern. Integration beginnt bei den Kleinsten und geht weit über das Erklären von mitteleuropäischen Sitten und Gepflogenheiten hinaus, sondern bedeutet essentiell die Vermittlung von Werten der Demokratie, Freiheit und Toleranz. Selbstverständlich ist hierbei die kulturelle und religiöse Identität der Neubürgerinnen und Neubürger Karlsruhes zu achten und zu schützen. Das gebieten nicht nur die Menschenrechte, sondern liegt auch im Eigeninteresse der Stadt. Akteurinnen und Akteure in Kultur, Sport und Stadtgesellschaft arbeiten ehrenamtlich und hauptberuflich, tagtäglich daran, dass Integration gelingt. Populistische Sprengsätze unter dem Deckmantel der Meinungsfreiheit dürfen wir als Koalition der Vielfalt nicht unkommentiert stehen lassen. Hören wir auf, schweigende Mehrheit zu sein! Die FDP-Fraktion möchte klare Ziele formuliert wissen.

Einen Vorschlag geben wir Ihnen mit auf den Weg: in den vergangenen Wahlen haben, außer einer Minderheit, alle Parteien hier im Saal davon gesprochen, dass unser gemeinsamer Wert das Grundgesetz sei. Das Aufhängen von Kreuzen schießt weit am Ziel vorbei, aber mit einer Abwandlung könnte man weiter kommen: unsere Forderung: in allen städtischen Gebäuden, im Foyer, den Schriftzug „Einigkeit und Recht und Freiheit“ aufzuhängen. Unter diesen Maximen des Rechtsstaats vereinen wir uns als Gesellschaft. Mit dieser säkularen Forderung können wir Vorreiter in der Bundesrepublik werden und welche Kommune, wenn nicht die „Stadt des Rechts“ könnte diesen Vorschlag besser umsetzen. Wir sind uns sicher, diese kleine Maßnahme kann Großes bewirken. Wir freuen uns jetzt schon, diesen Schriftzug auch im Eingang des neuen ForumRecht in Karlsruhe sehen zu können. Ein Dank an dieser Stelle an die Arbeit des Migrationsbeirats; lassen Sie uns diese Arbeit nicht nur durch Flüchtlings- oder Integrationsfonds honorieren, sondern vor allem mit klar durchdachten politischen und gesellschaftlichen Konzepten. In diesem Zusammenhang geht ein weiterer essentieller Dank an den Beirat für Menschen mit Behinderungen, denn auch diese Integration oder neuerdings Inklusion gehört zur gesellschaftlichen Aufgabe in unserer Stadt. Ihre Arbeit hat in jüngster Vergangenheit wieder dazu beigetragen, Menschen mit Behinderungen das Leben in Karlsruhe ein wenig leichter zu machen. Diese Menschen sind integraler Bestandteil unserer Stadtgesellschaft, Ihnen müssen wir mehr Aufmerksamkeit schenken. Der Austausch mit dem zuständigen Beirat sollte intensiviert werden. Ebenfalls integraler Bestandteil und mit einem deutlichen Dank zu bedenken ist unser Seniorenbeirat der Stadt Karlsruhe. Mit klarem Blick auf die Generationengerechtigkeit agiert dieser Beirat zum Wohle eines ausgeglichenen Zusammenlebens innerhalb unserer Stadtgesellschaft; auch hier, ein Austausch, der intensiviert werden sollte.

Diesen Austausch und die Abstimmung mit Bürgerinnen und Bürgern allgemein, suchen wir auch in den neuralgischen Bereichen von Sicherheit und Ordnung. Ziel der Freien Demokraten ist, dass sich die Menschen in der Stadt tagsüber und nachts frei und sicher aufhalten können und wollen. Die Bürgerinnen und Bürger müssen darauf vertrauen können, dass ihre Rechtsgüter jederzeit geschützt sind. Die Gewährleistung von Sicherheit durch Abwehr von Gefahren für die körperliche Unversehrtheit, die Freiheit und das Eigentum ist nicht nur Aufgabe der Bundes- und Landespolizei, sondern auch der Kommunalverwaltung. Als Rechtsstaatspartei sieht die FDP den Schutz der grundgesetzlich gesicherten Rechte als oberstes Gebot an. Jeder Ort in Karlsruhe muss ein angstfreier Ort für Jung und Alt, Mann und Frau, Minder- oder Mehrheit sein. Um das zu erreichen, bedarf es nicht nur engmaschigerer Kontrollen und einer stärkeren Präsenz des personell aufzustockenden Kommunalen Ordnungsdienstes vor allem an Brennpunkten, vielmehr ist jeder und jede Einzelne gefragt, wenn es darum geht, Gewalt und Kriminalität gar nicht entstehen zu lassen. Respektvoller Umgang miteinander, Aufmerksamkeit, Nachsicht und Nachbarschaftshilfe sind gesellschaftliche Aufgaben, die die Stadtverwaltung allenfalls beispielgebend und rahmensetzend unterstützen, aber nicht selbst leisten oder gar vorschreiben kann. Bürgerwehren in Eigenregie lehnen wir ab; die Bürgerwehr sollte der historischen Bürgerwehr Karlsruhes vorbehalten bleiben und nicht für Erwachsene, die Sheriff spielen wollen! Um dem offenen Drogenkonsum und -handel Einhalt zu gebieten, unterstützt die FDP die Einrichtung von Dogenkonsumräumen. Stets dort, wo es sinnvoll und machbar ist, hat die Verwaltung technische Maßnahmen zur Gewährleistung von Sicherheit und Ordnung zu ergreifen, sei es durch Beleuchtung, Notfallknöpfe oder ähnliches. Das Thema Sicherheit durchzieht alle Bevölkerungsschichten; jüngst kritisierten Frauenverbände, die KASIG sei ihnen ein Sicherheitskonzept schuldig. Liebe Kolleginnen und Kollegen, dieses Konzept ist die KASIG nicht nur den Frauenverbänden, sondern uns allen schuldig. Ohne ein belastbares Sicherheitskonzept können wir den Tunnel nicht eröffnen.

Neben der Sicherheit steht der Begriff der Sauberkeit. Keine Sorge, in diesem Jahr möchte ich nicht über das Amt für Abfallwirtschaft sprechen. Dem AfA wünsche ich an dieser Stelle einen friedlichen Neuanfang; die Politik hat die notwendigen Weichen gestellt, jetzt müssen die neue Leitung und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter übernehmen. Unser Ziel ist es, Sauberkeit zu einer Visitenkarte der Stadt Karlsruhe zu machen. Ein ansehnliches Stadtbild steigert die Attraktivität der Stadt und sorgt dafür, dass sich die Menschen in ihr wohlfühlen. Hier sollten wir bei der Erstellung einer Gestaltungssatzung der Innenstadt auch darauf achten, dass ansprechende Mülleimer und Aschenbecher Bestandteil der Stadtmöblierung bleiben und entsprechend sichtbar und zahlreich vorhanden sind.

Ich bin mir sicher, meine Damen und Herren, ein sauberes und sicheres Karlsruhe ist nicht nur notwendig für unsere Bürgerinnen und Bürger, auch unsere Wirtschaft wird es uns danken. Die inhabergeführten Geschäfte der Innenstadt sind auf solche Maßnahmen angewiesen. Lange Zeit haben wir unsere Innenstadt durch die Baustellensituation, – ja, ich muss es so sagen, – geplagt. Die Zukunft wird zeigen, dass es sich für beide Seiten gelohnt hat. Jetzt darf aber die durchaus notwendige Gestaltungssatzung für unsere Händlerinnen und Händlern nicht zum ordnungspolitischen Monster werden. Die Satzung muss in enger Abstimmung mit den Akteurinnen und Akteuren sowie den Verbänden, wie der City Initiative Karlsruhe oder dem DEHOGA, erstellt werden. Hier sehen wir Sie, Herr Bürgermeister Fluhrer, in der Pflicht. Lassen Sie uns den Round-Table der Einzelhändler intensiver nutzen. Es ist wichtig, dass sich die Gestaltenden von Politik und Verwaltung gehört fühlen. Hier wünschen wir uns von der zukünftigen Neubesetzung des City-Managers mehr Engagement und, dass das bisherige Kooperationsmarketing den Einzelhandel mehr einbezieht. So viele mutige Akteurinnen und Akteure, in Handel und Handwerk, die unsere Stadt mitgestalten, müssen deutlicher unterstützt werden. Dazu gehört auch eine Präsenzpflege durch Stadt und Stadtoberhaupt. Sie, Herr Oberbürgermeister, müssen für die Verantwortlichen ansprechbar sein und die Interessen der Wirtschaft bei den Rahmenbedingungen, wie Versorgung, Immobilienmarkt oder Verkehrsinfrastruktur zum Ausdruck bringen. Ein Hin und Her, wie Sie es zwischen Aufsichtsrat der TechnologieRegion und Oberbürgermeister der Stadt beim Thema Rheinbrücke veranstalten, ist da fehl am Platze. Zu dem Thema nochmals die klare Position der FDP: Die zweite Rheinbrücke muss kommen, wird kommen und ist notwendig. Wie auch vor zwei Jahren bereits erwähnt, ist der Anschluss an die B36 ebenso nötig; ich bin froh, dass eine Koalition der Vernunft in diesem Saal die zeitgleiche Anbindung an die B36 beschlossen hat. Selbst die Kolleginnen und Kollegen der Grünen haben erstmals ihr klares NEIN aufgegeben und sich enthalten.

Lieber Herr Honné, das war löblich, aber, wenn die Grünen gestalten wollten, hätten Sie auch zustimmen können. Aber der Gestaltungswille scheint zu fehlen. Selbst Ihr Kern-Thema „Grün“ mögen sie nicht mehr recht: dem AfA gelingt hoffentlich noch einmal der Neuanfang, die Blaue Tonne hat die Müllgebühren explodieren lassen und das Forstamt in Karlsruhe wird zerschlagen, so dass am Ende die Badener in Stuttgart auf den Erhalt Ihres Waldes hoffen müssen – das ist die wahre Bilanz von „grün wirkt“, meine Damen und Herren. Der IQ-Prozess „Grüne Stadt“ muss sich vornehmlich mit den Bereichen beschäftigen, die wir direkt bearbeiten können. Ein Beispiel hierfür sei das Mulchmähen an Straßenrändern. Die Definition, was eine Wiese, was eine Rasenfläche und was ein Feld ist, wollen wir mal beiseite lassen. Allerdings entsteht der Eindruck, dass manche Maßnahme unkoordiniert vorgenommen wird, Fakt ist: jedes Jahr kommt die Meldung irgendeiner Fraktion, wir müssten etwas gegen das Insektensterben unternehmen – aber seit Jahren mähen wir in regelmäßigen Abständen Wildblumen und -kräuter im Stadtgebiet ab, beschneiden so den Lebensraum der Insekten und unser Mikroklima – interessanterweise hat sich hierzu nie eine Grüne oder ein Grüner zu Wort gemeldet… Bevor also wieder bei diversen Veranstaltungen Hundertausende von Euro für Ökomaßnahmen eingesetzt werden, sollten wir überprüfen, wo wir mit einfachen Maßnahmen bereits viel tun können. Selbiges gilt für das Thema Streu- oder Fallobstwiesen; auch hier wünsche ich mir, dass die grüne Verbotskeule im Schrank bleibt. Die FDP wünscht sich einen ideologiefreien Umweltschutz, der daran denkt, dass der Mensch ein Teil dieser Umwelt ist.

Getrieben von Ideologie, in diesem Fall aus dem konservativen Lager, wurde die Sanierung der Europahalle aufgeschoben; aufgeschoben, wie so vieles in der Vergangenheit. Ein fataler Fehler, der jetzt mit dem Bau einer neuen Eventarena auf der Gemarkung von Rheinstetten verschleiert werden soll. Liebe Kolleginnen und Kollegen, sind wir wirklich so anmaßend, jetzt das nächste Großprojekt anzuschieben? Gerade ist die Sanierung der Stadthalle verteuert, das Klinikum noch nicht fertig, das Stadion wagt die ersten Schritte und das Staatstheater hat noch nicht mit dem Bau begonnen, da sind die Kosten schon fast verdoppelt. Wer in diesem Haus kann noch seriös nach draußen gehen und all dies erklären? Ich kann es nicht mehr. Wer von Ihnen kann noch zu den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung gehen und diese Forderungen gut heißen? Ich kann es nicht mehr. Investitionen und Entwicklung der Stadt sind notwendig, aber bitte mit Augenmaß. Wenn die CDU diversen Vereinen bereits Wahlversprechen abgegeben hat, dann ist es das Problem der CDU-Fraktion, diese Versprechen nicht einhalten zu können, aber liebe Kolleginnen und Kollegen, nicht unser aller Problem. Meine Fraktion erteilt dieser Arena eine klare Absage und lädt Sie alle ein, von dem CDU-Karren abzusteigen. Wir wünschen uns eine umfängliche Sanierung der Europahalle. Diese ist es Wert auch folgenden Generationen als Sport- und Veranstaltungshalle zu dienen. Gleichermaßen müssen wir uns die Frage stellen, ob das Personal in den Bereichen, die Planungsleistungen erbringen müssen, ausreicht. Wenn wir, ich zitiere die Frau Finanzbürgermeisterin, „(…) mit diesem Investitionsprogramm arbeitstechnisch mehr als nur an unsere Grenzen stoßen.“ – Zitat Ende -, müssen wir über eine Karenzzeit zur Abarbeitung vor Neuplanungen sowie Personal an den notwendigen Stellen nachdenken. Und diese Gedanken sollten wir uns machen, bevor es das Regierungspräsidium für uns macht!

Sehr geehrte Frau Erste Bürgermeisterin, einige erwähnte Projekte liegen direkt in Ihrem Dezernat, mit allen haben Sie in der Querstruktur der Finanzen zu tun. Zu Gute halten muss man Ihrer Rede, dass das Wort Zukunft immerhin 23 Mal vorkam. Bedauerlich dagegen, wie Sie die nahe Zukunft in dieser Stadt gefährdet haben. Mit Ihrer Aussage, um wie vieles besser das Haushaltsergebnis ausgefallen sei, haben Sie Begehrlichkeiten geweckt. Warum auch nicht: es blieb stehen „Karlsruhe hat ein tolles Ergebnis“ – dann ist es niemandem zu verübeln, wenn er oder sie nach einer Erhöhung der freiwilligen Leistungen fragt. Es wird auch den Kolleginnen und Kollegen der anderen Fraktionen aufgefallen sein, dass die Zahl der Zuschriften zu Haushaltsanträgen in diesem Jahr enorm angestiegen ist. Sehr geehrte Frau Bürgermeisterin, es geht Ihnen derzeit wie Goethes Zauberlehrling: „Die ich rief, die Geister – Werd ́ ich nun nicht los“. Gut für Sie, dass zwischen Ihnen und Ihren Geistern noch der Gemeinderat steht.

In diesem Zusammenhang eine allgemeine Bitte an die Bürgermeisterbank: Immer wieder ist zu hören und zu lesen, was die Politik, explizit der Gemeinderat, in dieser Stadt alles falsch mache. Es kann aber nicht den Stadträtinnen und Stadträten überlassen bleiben, Aufklärungsarbeit zu leisten, sei es für Großprojekte oder das laufende Geschäft. Derzeit sieht es so aus, dass gerade bei größeren Projekten ein Großteil der Gemeinderäte gar nicht, zu spät oder kurzfristig über Details informiert wird. Ich erinnere an Kalkulationen beim Stadionbau oder der Stadthalle, den Ankauf einer Leichtbauhalle für die Basketballer, die Schließung eines Bürgerbüros und den Verkauf des Geländes hinterm Bahnhof; alles musste auf die Schnelle beschlossen werden. Dieser falsche Umgang mit gewählten Volksvertreterinnen und – vertretern wie sie sich hier im Saal versammeln, darf nicht zum Standard in der Stadt des Rechts werden. Liebe Bürgermeisterbank, nehmt Euren Gemeinderat ernst – einen anderen habt ihr nicht! Die Freien Demokraten werden auch weiterhin für eine vertrauensbasierte Zusammenarbeit bereit stehen; dazu muss aber auch die Verwaltungsspitze bereit sein; offen, transparent, im Dialog mit allen Fraktionen und Einzelstadträten – informelle Zirkel der sogenannten großen Fraktionen führen zu einem Verlust an Demokratie, sind schädlich und haben spaltenden Charakter für diesen Rat!

Sehr geehrter Herr Dr. Mentrup, der Victor Hugo sagte: „Die Zukunft hat viele Namen: Für die Schwachen ist sie das Unerreichbare; für die Furchtsamen ist sie das Unbekannte; für die Tapferen ist sie die Chance.“ Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, lassen Sie uns gemeinsam die Tapferen sein! Auch wenn Sie der FDP in einer bekannten Sonntagszeitung „schäbige Fahnenflucht“ vorwarfen, so wollen wir nicht nachtragend sein. Wir vergessen diese impulsive Aussage.

Wenn Sie die Zukunft unserer badischen Residenz, unserer Stadt Karlsruhe, ab heute gestalten wollen, reicht Ihnen die FDP-Fraktion gerne die Hand.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Haushaltsrede 2019/20