Interfraktioneller Antrag

1. Der Aufsichtsrat der Stadtwerke Karlsruhe GmbH möge sich in einer seiner nächsten Sitzungen mit dem vorliegenden Antrag und den Forderungen des Gemeinderates befassen.

2. Die Stadtverwaltung holt Kenntnisse darüber ein, welche aktuellen Studien zur Enthärtung von Trinkwasser in Kommunen vorliegen und auch welche Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler z.B. des KIT, des Fraunhofer Instituts, des IWW, des TZW und anderer wissenschaftlicher Einrichtungen im Bundesgebiet dazu forschen.
Insbesondere geht es um Erkenntnisse über gesundheitliche, ökologische und energetische Auswirkungen sowie über die Wirtschaftlichkeit zentraler kommunaler Wasserenthärtung gegenüber dem Aufwand und Kosten privater Einzelmaßnahmen von Handwerks- oder Industriebetrieben wie auch Hausbesitzer und Wohnungseigentümer.

3. Falls keine aktuellen Ergebnisse zu den im Antrag behandelten Aspekten vorliegen, gibt die Stadtwerke Karlsruhe GmbH eine Studie in Auftrag, um unabhängige und intersubjektiv nachvollziehbare Befunde über dieses substanzielle Thema zu erhalten und um die wichtigsten Fragen hinsichtlich einer zentralen Wasserenthärtung (Auswirkungen, Erfahrungswerte etc.) in Karlsruhe ergebnisoffen beantworten zu können.

4. Die Stadtwerke Karlsruhe GmbH befragt in einer ihrer nächsten Umfragen ihre Kundinnen und Kunden zu ihren Erfahrungen mit dem Kalkgehalt des Karlsruher Trinkwassers und dessen Auswirkungen und erkundigt sich explizit, ob eine zentrale Wasserenthärtung gewünscht ist, damit ein generelles Meinungsbild eingeholt und skizziert werden kann.
Eine vorherige Abstimmung mit dem Gemeinderat zum Inhalt der Umfrage wird erbeten.

 

Sachverhalt / Begründung:

Die Fragestellungen rund um die Qualität und die Folgen von Trinkwassereigenschaften sind alltagsrelevant und betreffen jeden Menschen. Dieses lebensnotwendige Themenfeld für Mensch und Umwelt muss somit auf allen politischen Ebenen hohe Priorität haben.
Insbesondere die von Bürgerinnen und Bürgern häufig geschilderte Problematik des stark kalkhaltigen Trinkwassers in Karlsruhe muss daher mithilfe einer tiefergehenden fachlichen Analyse angegangen werden, wenn die Frage nach einer zentralen Enthärtung adäquat beantwortet werden soll. Argumente des großen Aufwands, zu hoher Kosten und ökologisch sowie ernährungsphysiologisch angeführter Zweifel an der Erbauung, am Betrieb und an den Folgen einer kommunalen Enthärtungsanlage sollten auch von einer Perspektive der Nachhaltigkeit und des langfristigen Nutzens für Mensch und Umwelt betrachtet werden. Nur so kann eine angemessene Herangehensweise an diesen wichtigen Sachverhalt ermöglicht werden.
Zahlreiche Nachbargemeinden Karlsruhes installierten bereits eine zentrale Anlage zur Entkalkung des Trinkwassers, was bei den Einwohnerinnen und Einwohnern auf überwiegend positive Resonanz stieß. Das hat verschiedene Gründe: Neben der Reduktion der Anzahl und Intensität von Entkalkungen von Geräten, Duschkabinen, Armaturen etc., weniger „Kisten schleppen“ als barrierefreie Erleichterung und die Erhaltung und Schonung von Rohrleitungen konnten auch positive gesundheitliche Aspekte sowie eine Steigerung der Lebensqualität festgestellt werden. Nachweislich wurde auch die Menge an Nitrat und an anderen Schad- und Fremdstoffen durch die Enthärtung vermindert. Die Aufnahme von wichtigem Calcium und Magnesium für den menschlichen Körper findet hierbei nur sehr eingeschränkt über (hartes) Wasser statt, sondern vorwiegend über feste ausgewogene Nahrung.
Für eine umfassende Betrachtung des Karlsruher Trinkwassers darf nicht nur der Calcium-, sondern es muss auch der Hydrogencarbonatgehalt bestimmt werden, weshalb der Wert für die Calcitabscheidekapazität bei einer Wassertemperatur von 90 °C mitberücksichtigt werden sollte. Kausalzusammenhänge zwischen Calciummangelerscheinungen und weicherem Trinkwasser müssten daher zunächst erst empirisch belegt werden.
Eine zentrale Enthärtung birgt gegenüber gesonderten privaten Maßnahmen gegen stark kalkhaltiges Wasser – wie der Einsparung von Salz in den einzelnen Haushalten, welches das Abwasser zusätzlich belastet – viele ökologische Vorteile, die sich sehr gut in die selbst definierten Klimaziele der Stadt einfügen. Zunächst kann bei der Enthärtung bei Einsatz von gebranntem Kalk zur Kalkfällung dieser z.B. der Landwirtschaft zur Verfügung gestellt oder in anderer Form sinnvoll eingesetzt werden. Dieses Schnellentcarbonisierungsverfahren benötigt weder zusätzliches Wasser noch vergleichsweise einen hohen Energiebedarf. Auch eventuell auftretenden Korrosionsproblemen werden bei einer professionellen zentralen Enthärtung durch Einstellung eines Kalk-Kohlensäure-Gleichgewichts entgegengewirkt sowie auf eine Zielhärte von 8 bis 10 °dH und auf einen Hydrogencarbonatgehalt von < 2,5 mmol/L eingestellt.
Bei der detaillierten Gegenüberstellung aller Kosten und Nutzen konnte in anderen Gemeinden eine Win-Win-Situation erreicht werden. Die Verbraucher sparten nachweislich monetäre Kosten ein; Industrie und Gewerbe, die auf eine öffentliche Wasserversorgung angewiesen sind, konnten von einer zentralen Enthärtung wirtschaftlich profitieren und in der Gesamtbetrachtung konnten auch Zielsetzungen in der Umwelt- und Klimapolitik mittel- und langfristig besser verwirklicht werden.
Daher sollte diese wichtige Fragestellung nochmals auf Grundlage aktueller wissenschaftlicher Analysen und fachlicher Auswertungen überprüft werden sowie eine repräsentative Kundenumfrage durch die Stadtwerke durchgeführt werden, um ein fundiertes empirisches Bild über dieses bedeutende Thema zu erhalten.

 

Unterzeichnet von:
Tom Høyem, Thomas H. Hock und FDP-Fraktion
Karin Binder, Lukas Bimmerle und DIE LINKE-Fraktion

 

Zentrale Enthärtung des Trinkwassers in Karlsruhe