1. Welche Konzepte und Pläne entwickelt die Stadt Karlsruhe derzeit, um den zukünftigen Langzeitpflegebedarf im ambulanten, teil- und vollstationären Bereich decken zu können?

 

2. Welche Anreize und Erleichterungen für Pflegeberufe werden von der Stadt Karlsruhe angewendet, um die Entscheidung für eine Pflegetätigkeit in Karlsruhe attraktiver zu gestalten (Bereitstellen günstiger und arbeitsplatznaher Wohnungen, zusätzliche Zuschüsse bei Jobtickets, bestimmte Gutscheine und Vergünstigungen etc.)?

 

3. Welche Möglichkeiten der Entlastung des Pflegepersonals sieht die Stadtverwaltung auf Kommunalebene?

3.a) Was macht die Stadt als Arbeitgeber, um gezielt physischen und psychischen Belastungen in diesem Tätigkeitsbereich vorzubeugen?

3.b) Was unternimmt die Stadtverwaltung, um dem Pflegepersonal den Aufgabenfokus wieder mehr auf den Dienst am Menschen zu ermöglichen bzw. bürokratische Tätigkeiten, Hürden und Auflagen im Berufsalltag zu reduzieren?

 

4. Welche Hilfen, Unterstützungen und Erleichterungen seitens der Stadt sollen zukünftig für pflegende Angehörige angesichts der bürokratischen und pflegerischen Herausforderungen bei der familiären Versorgung im heimischen Umfeld einfacher und verstärkt zur Verfügung gestellt werden?

 

5. Bestehen bei der Stadt Karlsruhe Überlegungen hinsichtlich bilateraler Anwerbeprogramme mit Städten und Regionen aus dem EU- und dem Nicht-EU-Ausland?

5.a) Wie können hierbei Anerkennungsverfahren ausländischer Abschlüsse beschleunigt werden?

5.b) Sind spezifische bilaterale Abkommen mit den Partnerstädten der Stadt Karlsruhe hinsichtlich der Unterstützung einer (wirtschaftlichen) Entwicklung vor Ort und einer gleichzeitigen Anwerbung von Pflegekräften geplant?

5.c) Was unternimmt die Stadt Karlsruhe, um aus dem Ausland angeworbene Pflegekräfte beruflich, aber auch außerberuflich in die Stadtgesellschaft zu integrieren, um zu verhindern, dass die Pflegekräfte – enttäuscht über fehlende Einbindung – wieder in ihre Heimatländer zurückkehren?

 

6. Welche Projekte und Initiativen plant die Stadtverwaltung, um gezielt auch junge Menschen nach Schul- und Hochschulabschluss für den vielfältigen Pflegebereich mithilfe von flexiblen Praktika, Teilzeittätigkeiten, Vergünstigungen, bezahlbaren Wohnungen etc. zu gewinnen?

6.a) Wie können zukünftig in den städtischen Schulen noch stärker Sozialpraktika, Austausch- und Begegnungsmöglichkeiten o.Ä. zwecks Sensibilisierung für die wichtige Pflegetätigkeit mit kranken und älteren Menschen eingebunden werden?

6.b) Welche Perspektiven der Weiterbildung, Aufstiegs- und Verdienstmöglichkeiten kann gezielt die Stadt Karlsruhe jungen Menschen im Pflegebereich anbieten? Welche Chancen und Potenziale bestehen insbesondere in der Technologieregion hinsichtlich der zukünftigen Bedeutung bei der Digitalisierung der Pflege, in der Medizintechnik, im Sanitätsbereich etc.?

 

 

Sachverhalt / Begründung:

Mit dem „Monitoring Pflegepersonal in Baden-Württemberg 2022“ (https://sozialministerium.baden-wuerttemberg.de/fileadmin/redaktion/m-sm/intern/downloads/Publikationen/Monitoring-Pflegepersonal-BW_2022.pdf) werden aktuelle Befunde über die jeweiligen regionalen Gegebenheiten und Rahmenbedingungen im Bereich Pflege aufgezeigt. Insbesondere bei der Langzeitpflege steht Karlsruhe entsprechend des bundes- und landesweiten Trends aufgrund der demografischen Entwicklung vor großen Herausforderungen. Die Kommunen haben hierbei die Pflicht, für sich und ihre Bürgerinnen und Bürger eine tragfähige Pflegeplanung zu erarbeiten, die pflegerische Infrastruktur aktiv zu gestalten sowie zu guten Bedingungen sowohl für Pflegekräfte als auch für Pflegebedürftige beizutragen. Bis zum Jahr 2030 soll es im Stadtkreis Karlsruhe bereits 50 % mehr Pflegebedürftige geben. Hierfür muss ausreichend Pflegepersonal zur Verfügung stehen. Insbesondere die Bereiche der Wundversorgung, Palliativmedizin, Gereatrie etc. gewinnen in einer alternden Gesellschaft zunehmend an Bedeutung und müssen zukünftig stärker berücksichtigt werden.
Neben der Unterfinanzierung von Pflegeeinrichtungen sind die Pflegenden täglich mit großen Belastungen und Drucksituationen konfrontiert. Zunächst sollte daher überlegt werden, wie Erleichterungen und Entlastungen auf Kommunalebene für das Pflegepersonal erreicht werden können. Vor allem zahlreiche Auflagen und bürokratische Tätigkeiten wie aufwändige Dokumentationspflichten etc. erschweren es den Pflegekräften, ihrer eigentlichen Aufgabe, dem Dienst am pflegebedürftigen Menschen, nachzukommen. Neben Entlastungen müssen auch entsprechende Vergünstigungen, das Bereitstellen von Wohnungen etc. in Aussicht gestellt werden. Zudem stellen sich die Fragen, welche bilateralen Anwerbe- und Integrationsprogramme von Pflegekräften aus den Partnerstädten der Stadt Karlsruhe sowie generell dem EU- und Nicht-EU-Ausland stärker verfolgt und wie Anerkennungsverfahren ausländischer Pflegeabschlüsse beschleunigt werden können.
Bei der Betreuung und Versorgung Pflegebedürftiger spielen ebenso Angehörige als „informelles Pflegepotenzial“ eine große Rolle. Auch hier muss auf Kommunalebene überlegt werden, welche Hilfen angesichts der bürokratischen und pflegerischen Herausforderungen zur Verfügung gestellt werden sollten, um den von Pflegebedürftigen häufig gewünschten Verbleib im heimischen Umfeld ermöglichen zu können.
Schließlich sollte ebenso in die Planungen miteinbezogen werden, wie gezielt junge Menschen an den Pflegebereich nach deren Schul- und Hochschulabschlüssen herangeführt werden und bereits während der Schullaufbahn mehr Berührungspunkte entstehen können.
Obgleich zentrale Problemstellungen zum Umgang mit einer zukünftig höheren Pflegequote vorwiegend zunächst auf Bundes- oder Landesebene angegangen werden müssen, sollten bereits jetzt auf kommunaler Ebene die Weichen dafür gestellt werden, damit knappe Ressourcen richtig eingesetzt werden, pflegebedürftige Menschen eine angemessene Betreuung erhalten sowie Pflegekräfte und Angehörige ihre wertvolle Arbeit ohne unnötige Hürden und Erschwernisse leisten können. Eine der wichtigsten Aufgaben der Stadt Karlsruhe besteht somit nun darin, vorausschauend klare Konzepte zu entwickeln, um diese gesamtgesellschaftliche Herausforderung souverän meistern zu können.

 

Tom Høyem | Thomas H. Hock | Annette Böringer | Karl-Heinz Jooß

 

 

Welche Maßnahmen trifft die Stadt Karlsruhe zur Sicherstellung der zukünftigen Versorgung im Bereich Pflege?