1. Die Stadtverwaltung entwirft ein dezentrales Konzept zur Sicherung der hausärztlichen Grundversorgung. Das Konzept soll die künftige hausärztliche Versorgung stadtteilbezogen und bürgernah sicherstellen.

In einem ersten Schritt wird der stadtteilbezogene Bedarf erhoben und gemeinsam mit der jeweiligen Ärzteschaft eine Versorgungsstruktur entwickelt, die eine Grundlage für die Niederlassung junger Ärztinnen und Ärzten im Stadtteil bildet. In die Werbung um die jungen Ärztinnen und Ärzten und Praxisangestellten bezieht die Stadtverwaltung die Bevölkerung aktiv ein.

 

2. Wo notwendig, unterstützt die Stadt den organisatorischen Zusammenschluss von Hausarztpraxen oder die Ansiedlung neuer Hausarztpraxen aktiv mit hoher Priorität und ggf. unter Einsatz eigener Ressourcen bei der Suche nach geeigneten Räumen.

a. Die Stadt Karlsruhe sucht aus ihrem Immobilienbestand Räume mit zugehörigen PKW-Stellplätzen für die Einrichtung von Arztpraxen aus, listet diese in einer Aufstellung auf und bietet diese Räumlichkeiten ärztlichem Personal an, das sich zu einer ambulanten Tätigkeit im Stadtgebiet entschließt.

b. Bei Zustandekommen eines längerfristigen Mietvertrags wird hinsichtlich der monatlichen Mietkosten ein städtischer Zuschuss genehmigt, um einen Anreiz für eine dauerhafte Ansiedelung der Praxistätigkeit zu bilden.

c. Falls keine geeigneten leerstehenden Praxisräume für bereitwilliges ärztliches Personal vorhanden sind, unterstützt die Stadt Karlsruhe bei der Suche nach freien Grundstücken, die sich zur Bebauung durch ärztliche Praxen eignen.

d. Die Stadtverwaltung setzt sich proaktiv bei der Beschaffung von Wohnraum für medizinisches Personal (Ärzte, Sanitäter, NäPAs, MFAs, VERAHs etc.) ein, das sich für eine berufliche Ausübung im Stadtkreis Karlsruhe entscheidet.

 

3. Die Stadtverwaltung prüft, an welchen Stellen im Stadtgebiet die Durchfahrts- und Parksituation für ärztliches und medizinisches Personal (Ärzte, Sanitäter, MFAs, NäPAs, VERAHs etc.) fortschreitend so verbessert werden kann, damit eine schnellere flächendeckende Erreichbarkeit und Versorgung bei Hausbesuchen und Einsätzen ermöglicht wird. Hierbei werden die aktuellen rechtlichen Vorgaben und Möglichkeiten unter Berücksichtigung der Entwicklungen nach der Kommunalen Gesundheitskonferenz 2022 erneut geprüft.

 

4. Analog zu den Fahrdiensten zahlreicher Apotheken bei der Arzneimittellieferung richtet die Stadt Karlsruhe ambulante Patientenfahrdienste ein, um ältere Menschen sowie Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen und Erkrankungen nach vorheriger Absprache und Planung abzuholen und zu deren Terminen in die jeweiligen Praxen zu befördern.

 

5. Angesichts der immer älteren Stadtbevölkerung wirbt die Stadtverwaltung im Benehmen mit der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg bei der niedergelassenen Ärzteschaft für den Erwerb der Zusatz-Weiterbildung Geriatrie, insbesondere zur medizinischen Betreuung und Versorgung der Bewohner in Pflegeeinrichtungen.

 

 

Sachverhalt / Begründung:

Die Betreuungsengpässe für die Patienten und die Belastungen für das medizinische Personal in der ambulanten Praxisversorgung im Stadtkreis Karlsruhe haben deutlich zugenommen. Diese Situation wird sich weiter zuspitzen, denn mittel- und langfristig ist insbesondere in Folge der demographischen Entwicklung mit einem erhöhten Betreuungs- und Versorgungsbedarf bei älteren bzw. pflegebedürftigen Menschen zu rechnen. Gleichzeitig scheidet kurz- und mittelfristig eine höhere Anzahl an selbständigen Ärzten aus Altersgründen aus dem Berufsleben aus. Wie im Rahmen der Kommunalen Gesundheitskonferenz im Juli 2022 diskutiert und dargelegt wurde, besteht in Karlsruhe insbesondere im grundlegenden hausärztlichen Bereich ein gravierendes Versorgungsproblem. Hierbei wurden bei der Problemanalyse im Wesentlichen sechs zentrale Fragestellungen herausgearbeitet, für die nun baldmöglichst erste Lösungsansätze umgesetzt werden sollten.
Eine steigende Anzahl von Hausbesuchen bei älteren Menschen, großer Personalmangel, zeitintensive bürokratische Aufgaben und Hürden sowie eine stärkere Verschiebung von der stationären Behandlung in die ambulante hausärztliche Verantwortung erschweren zunehmend die niedergelassene hausärztliche Tätigkeit. Beim medizinischen Personal führt dies häufig zu Überlastungssituationen mit physischen und psychischen Erkrankungen und wiederum zu längeren Ausfallzeiten. Um nun eine ambulante Unterversorgung im Stadtgebiet und eine zu starke Überforderung des medizinischen Fachpersonals zu stoppen, muss die Stadt Karlsruhe als Kommune im Sinne aller Beteiligten proaktiv Unterstützungen, Anreize und Entlastungen für medizinisches Personal auf den Weg bringen, damit die wohnortnahe Erreichbarkeit von Praxen, Versorgungszentren und Ärztehäusern für die Menschen in der Fächerstadt gesichert werden kann.
Wie im Rahmen der Analysen zur Kommunalen Gesundheitskonferenz gezeigt werden konnte, kann die Stadt trotz der bestehenden kassenarztrechtlichen Regularien und Vorgaben auf kommunaler Ebene Instrumente umsetzen, um die ambulante Tätigkeit im Stadtgebiet zu fördern und zu erleichtern. Zunächst sollte die Stadt Karlsruhe mithilfe der jeweiligen Ärzteschaft ein dezentrales Konzept erstellen, das die hausärztliche Grundversorgung stadtteilbezogen sicherstellen kann und die Bevölkerung bei der Werbung um medizinisches Personal miteinbezieht. Wo es notwendig ist, unterstützt die Stadt den organisatorischen Zusammenschluss von Hausarztpraxen oder die Ansiedlung neuer Hausarztpraxen aktiv mit hoher Priorität und ggf. unter Einsatz eigener Ressourcen bei der Suche nach geeigneten Räumen. So können aus dem städtischen Immobilienbestand mögliche Räume mit zugehörigen PKW-Stellplätzen für ärztliches Personal ausgesucht werden, das sich zu einer ambulanten Tätigkeit im Stadtgebiet Karlsruhe entschließt. Hierbei kann auch ein städtischer Zuschuss genehmigt werden, wenn ein längerfristiger Mietvertrag zustande kommt. Falls keine geeigneten leerstehenden Räumlichkeiten zur Verfügung stehen, sollte die Stadt Karlsruhe bei der Suche nach freien Grundstücken behilflich sein, auf denen eine Bebauung durch Praxen möglich ist. Auch bei der Beschaffung von Wohnraum sollte sich die Stadt für medizinisches Personal (Ärzte, Sanitäter, MFAs, NäPAs, VERAHs etc.) einsetzen, das sich für eine berufliche Ausübung im Stadtkreis Karlsruhe entscheidet und dessen Dienst in die medizinische Versorgung der Stadtbevölkerung stellt. Zudem muss überlegt und geprüft werden, an welchen Stellen die Durchfahrts- und Parkplatzsituation im Stadtgebiet für medizinisches Fachpersonal bei Hausbesuchen und Notfalleinsätzen fortschreitend verbessert werden kann, damit eine schnellere Erreichbarkeit und Versorgung insbesondere von älteren und pflegebedürftigen Menschen gewährleistet werden kann. Dabei sollten die aktuellen rechtlichen Vorgaben und Rahmenbedingungen sowie Möglichkeiten nochmals genau überprüft werden. Um eine weitere Entlastung für ärztliches Personal bei der steigenden Anzahl von zeitintensiven Hausbesuchen zu erreichen, sollte die Stadt analog zu den Arzneimittellieferdiensten zahlreicher Apotheken Patientenfahrdienste einrichten, um immobile Menschen nach vorheriger Absprache und Planung zu deren Terminen in die jeweiligen Praxen zu befördern. Angesichts der alternden Stadtbevölkerung sollte die Stadt zudem in Zusammenarbeit mit der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg bei der niedergelassenen Ärzteschaft im Hinblick auf die Betreuung und Versorgung von Bewohnern in den Pflegeeinrichtungen um den Erwerb der Zusatz-Weiterbildung Geriatrie verstärkt werben.
Die medizinische Versorgung der Bevölkerung muss auf allen politischen Ebenen einen hohen Stellenwert einnehmen. Auch die Stadt Karlsruhe muss bei ihren Ausgaben und sozialpolitischen Maßnahmen ganz klar priorisieren, wenn es um die Sicherstellung der flächendeckenden Versorgung ihrer Einwohner geht. Damit sich die jetzige ambulante ärztliche Betreuungssituation nicht noch weiter verschlechtert, müssen nun auch auf kommunaler Ebene schnellstmöglich Schritte zur Verbesserung eingeleitet werden.

 

Unterzeichnet von:

Tom Høyem, Annette Böringer, Thomas H. Hock, Karl-Heinz Jooß

 

 

Maßnahmen zur Verbesserung der ambulanten ärztlichen Versorgung in Karlsruhe